Wie die Wellenringe, die ein ins Wasser fallender Tropfen erzeugt, entfalten sich die Bewegungen im Qigong (und Taijiquan) von innen nach außen. Sie entstehen vor allem in den Hüften, die über Beine und Füße mit der Schwerkraft der Erde verbunden sind, und setzen sich über den Körper in die Arme und Hände fort. Hinter dieser äußeren Bewegung der Gliedmaßen wirkt die innere Bewegung des Qi 氣 , das der Intention yi 意 folgend die Energiezentren (Dantian 丹田) und Energietore des Körpers durchzieht und von dort aus die Muskelkraft li 力 bereitstellt.
Die Wahrnehmung der drei Hauptzentren (Dantian 丹田) und die Verbindung zwischen inneren und äußeren Bewegungen ermöglicht erst die ganzheitliche physische, psychische und spirituelle Wirkung des Qigong.
Das untere Dantian 丹田 ist das Energiezentrum in der Mitte des Unterbauchs, ca. drei Fingerbreit unter dem Nabel. Über die Hüftgelenke, Beine und Fußsohlen verbindet es uns mit der Erde und gibt uns Stabilität. Von hier aus werden - "aus dem Bauch heraus" - die Bewegungen und die Atmung im Qigong aktiviert und gesteuert.
Die drei Energiezentren (Dantian 丹田) liegen jeweils mitten im Unterbauch, im Herzraum und im Kopf. Sie bestimmen nach chinesischer Vorstellung unser Sein, unser Wesen und Handeln und sie verbinden uns mit der Welt und dem Kosmos, mit dem, was größer ist als wir:
Das untere Dantian im Unterbauch umfasst den Bereich zwischen Zwerchfell und Beckenboden. Hier sitzt aus Sicht der traditionellen chinesischen Medizin die größte Konzentration von vorgeburtlichem und nachgeburtlichem Qi 氣 vor allem in den Nieren. Das untere Dantian stellt die Verbindung mit dem Yin 阴 her: mit der Schwerkraft und Substanz von Erde und Wasser. Es hilft uns uns zu erden und gibt uns das Gefühl verwurzelt zu sein und stabil stehen zu können.
Das obere Dantian im Zentrum des Kopfraums etwa zwischen den Ohren mauf Höhe des "Dritten Auges" reicht vom Scheitelpunkt bis zur Schädelbasis. Es ermöglicht uns die Verbindung mit dem Yang, mit Himmel und Feuer. Hier entsteht unser Bewusstsein, unser Weltbild, und unsere Spiritualität, die sich je nach religiöser Ausrichtung auf sehr unterschiedliche Bilder bezieht.
Das mittlere Dantien im Zentrum des Herzraums, etwa dort, wo sich auch unser physisches Herz befindet, ermöglicht uns das Gefühl der Verbundenheit nach außen mit der Umwelt und mit allen Wesen (horizontale Verbindung). In vertikaler Richtung verbindet es in uns das obere und das untere Dantien und damit die Energien von Himmel und Erde.
Das untere Dantien reicht energetisch weit über den Bauchraum hinaus nach unten in die Erde. Wenn wir im Reiterstand mit entspanten Fußsohlen und Zehen und mit parallel ausgerichteten Fußaußenkanten stehen, können wir über Atmung und Vorstellung die Verbindung mit der Stabilität der Erde erspüren. Die Beinmuskulatur und die Beinfaszien sind durch die Fußstellung leicht vorgespannt und erzeugen eine Kraftspirale um die Beine herum, die über die Hüften bis ins Becken reicht. Es entsteht ein Spannungsbogen, ähnlich einem Brückenbogen, der das Gewicht und alle Krafteinwirkung von außen in die Fundamente ableitet. Leichte Bewegungsimpulse (Yi 意) in die Füße setzen so viel Energie (Qi 氣) frei, die sich über Hüften und Torso bis in Arme und Hände leiten lässt und dort als äußere Kraft (Li 力) wirksam werden kann. Hier liegt letztlich das große "Geheimnis" der inneren Kampfkünste wie Tajiquan. Das Üben dieser inneren Kraftverbindung sorgt für physische und mentale Stabilität.